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Schauspiel 'Zeit für Freude' im Theater Oberhausen
Mit der Inszenierung der deutschsprachigen Erstaufführung von „Zeit der Freude“ des norwegischen Dramatikers Arne Lygre beweist Regisseurin Dr. Kathrin Mädler szenischen Mut. Das Ergebnis ist kreativ, sehr symbolhaft, melancholisch, hoffnungsvoll, spürbar bildhaft und auf die Dialoge konzentriert.

Es ist eindeutig ein skandinavisch geprägtes Stück. Der Humor und auch die Dialoge, alles lässt sich dem nordischen Ursprung sehr gut zuordnen. In Oslo feierte Das Stück große Erfolge. Nun ist erstmals in Deutschland zu erleben. Die Geschichte ist eigentlich recht einfach und doch komplex. Eine Mutter trifft sich an einem abgelegenen Fluss auf einem Friedhof mit der Familie. Hier, an diesem schönen Ort, möchte sie begraben werden. Neben den Familienmitgliedern kommen auch Nachbarn und Freunde hinzu. Sie alle suchen die Freude am Leben, das Zusammensein und die Liebe. Als ein Familienmitglied beschließt, einfach so zu verschwinden, bricht die große Krise aus. Die Lücke ist nicht zu füllen. Alles dreht sich nur noch um den verschwunden Sohn. Wo lebt er? Wer hat etwas von ihm gehört? Möchte er überhaupt Familienkontakt? Fast schon kriminologisch spürt man ihm nach. Andere haben sich entliebt und getrennt. Aber auch das Gegenteil ist parallel zu entdecken. Ein Witwer und seine Nachbarin verlieben sich.

Die Fragen nach dem menschlichen Handeln, insbesondere innerhalb einer Familie oder in der Gesellschaft wird ausführlich diskutiert, bis in den kleinsten Nebensatz hinein. Jeder Satz ist bewusst so gewählt, dass immer wieder Anknüpfungspunkte entstehen. Stets stellt man die Wünsche für ein besseres Miteinander im Mittelpunkt, ein sehr aktuelles Thema. Fast schon philosophische Gedankenspiele reihen sich aneinander. Dabei hat sich Regisseurin Dr. Kathrin Mädler offenbar bewusst für eine extrem statische Art und Weise der Darstellung entschieden. Vor der Pause tragen die Akteure üppige Kostüme aus Kunstleder, farblich alle gleich und stilistisch ähnlich. Die Dialoge werden dabei aus starren Positionen heraus geführt. Man blickt in die Vergangenheit, die Gegenwart und in die Zukunft, wild und bunt gemixt.

Ausschließlich die Mimik und die Dialoge beherrschen neben dem Bildhaften die Bühne. Hinzu kommen hängende Lichter aus dem Bühnenturm mit kaltem oder warmen Weißlicht. Was sollen diese Lichterketten darstellen? Das Licht als Symbol für den schönen Ort, als Hoffnung oder als die Erleuchtung im Leben danach? Leider erschließt sich die Symbolik des hellen, dunklen oder flackernden Lichts nie wirklich. Sprechen möchte es trotzdem zu uns. Nach der Pause trägt man schwarzes Fell statt Kunstleder. Wie Bären kuschelt man sich auf einem kleinen Holzpodest zusammen. So wirkt es noch statischer, man stellt aber auch den Wunsch nach mehr Zusammenhalt stärker dar. Die Hoffnung stirbt dabei nie, eine bessere Welt zu erschaffen. Am Ende ziert ein Tierschädel die Bühne, noch ein so ein Symbol, welches man als Rätsel mit nach Hause nimmt.

Schauspielerisch können Tim Wellenbrock, Anke Fonferek, Regina Leenders, Klaus Zwick, Susanne Burkhard, Nadja Buder Daniel Rothaug und Khalil Fahed Aassy im Rahmen ihrer szenisch gegebenen Möglichkeiten überzeugen. Musikalisch ist die Sopranistin Ekaterina Isachenko als Extrapart für klassische Gesangseinlagen zu erleben.

Es steckt jede Menge Kraftanstrengung in dieser Inszenierung, egal ob in Arbeitsstunden, Materialien oder eingesetzten Geldmitteln. Es wurde ein großer Aufwand betrieben. Der Abend wirkt auf jeden Fall bemerkenswert, durchdacht und mutig. Eine eigene Meinung darf man sich gerne selbst bilden. 180 Minuten reine Spielzeit, plus eine kurze Pause, sind aber eindeutig zu lang geraten.

Datum: 13. Oktober 2023

theater-oberhausen.de