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Schauspiel 'And now Hanau' vom Theater Oberhausen
Das Theater Oberhausen präsentiert „And now Hanau“ von Tugsal Mogul im Ratssaal vom Rathaus Oberhausen ein Schauspiel, das unter die Haut geht. Es ist eine bewegende Aufarbeitung der rassistisch orientierten Morde von Hanau, bei denen neun Menschen erschossen wurden. Für die Regie war der Autor persönlich verantwortlich.

Es geschah am 19. Februar 2020, als ein politisch rechtsgerichteter Täter in Hanau um sich schloss und dabei die staatlichen Behörden und auch einige Politiker auf peinlichste Art und Weise bloßstellte. Am Ende tötete er seine pflegebedürftige Mutter sowie sich selbst. Eine echte und ehrliche Aufarbeitung der Behörden gab es nie. Als Spielort dient der originale Ratssaal des Rathauses. Agiert wird rund um das Rednerpult und die Gäste dürfen es sich auf den Stühlen der Stadtverordneten bzw. auf der Besuchergalerie gemütlich machen. An einem Ort der politischen Verantwortung wirkt dieser Stoff besonders eindrucksvoll und mahnend. Auf besondere Art und Weise erzählt es die Hergang des Amoklaufs, das Versagen der Polizei, die Fehleinschätzungen der Politik im Nachgang und es gibt den Opfern sehr bewusst Gesichter und Namen.

Wie konnte so etwas passieren? Der rechtsradikale Täter veröffentlichte sogar ein 58seitiges Manifest im Internet, in dem er seine Gesinnung und seine Pläne ankündigte. Auch sein Vater war als Rechtsradikaler bereits bekannt. Warum griff der Staat nicht schon im Vorfeld ein? Vorher, während der Tat und im Nachhinein ging jede Menge schief. Manche waren auch gar nicht gewillt, diese Tat aufzuklären, denn der Täter richtete sich ja selbst. So blieb z.B. das Versagen der Polizei und des SEK öffentlich eher im Dunkeln. Immerhin 13 der 19 SEK-Beamten vor Ort waren in rechtsradikalen Chats aktiv. Dienstrechtlich stufte man das später als satirische Meinungsäußerung ein, Verfahren eingestellt. Andere Verantwortliche wurden in den Ruhestand versetzt oder befördert. Keine gute Rolle spielte auch der der damalige hessische CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier. So laut die Angehörigen der Opfer im Untersuchungsausschuss auch wurden, wirklich gehört oder ernst genommen wurden sie von den Mitgliedern kaum, was zum Totalversagen des Staates beitrug. Von Seiten der Polizei wurde sie sogar vor eigener Blutrache gewarnt, anstatt ihnen zu helfen und aufzuklären. Viele junge Polizeibeamte vor Ort waren schlicht überfordert. Die 13 rechtsradikalen SEK-Beamten hingegen könnte man als Mittäter einstufen, wie auch einige Mitglieder des U-Ausschusses. Diese Inszenierung scheint die erste wahre und öffentliche Aufarbeitung zu sein, die die Tatsachen sehr gut recherchiert beim Namen nennt.

Das Stück ist eine Co-Produktion, u. a. der Theater in Münster und Oberhausen. Alaaedin Dyab und Agnes Lampkin aus Münster spielen zusammen mit Regina Leenders und Tim Weckenbrock aus Oberhausen. Sie schildern eindrucksvoll die Taten sowie die Reaktionen danach. Sie stellen die Opfer und ihre Angehörigen in den Mittelpunkt. Wer waren sie? Wie leiden die Familien unter dem gewaltsamen Tod? Warum werden von Offiziellen nur die Fehler zugegeben, die man nicht leugnen kann? Die Zeitsprünge zwischen Vor, Während und Danach werden im Stück sehr geschickt kombiniert. Es ist keine komplett chronologische Erzählung, auch wenn ein Opfer nach dem anderen an der Reihe ist.

Hanau kann auch heute noch überall sein. Der rechtsradikale Bodensatz der Gesellschaft bleibt. Zum Schluss werden sogar Vorschläge zu Umbenennungen von Straßennamen gemacht, bei denen ehemalige Täter noch heute im Straßenbild präsent sind.

Datum: 21. September 2023 (Premiere)

theater-oberhausen.de