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Führung durch das Rathaus in Mülheim an der Ruhr
Die Touristiker der MST in Mülheim an der Ruhr bieten regelmäßig diverse Führungen im Rathaus ihrer Stadt an. Mindestens zwei Stunden lang geht es durch alle wichtigen Bereiche des architektonischen sehenswerten Gebäude von 1915.

Seit über 45 Jahren ist Beate Fischer für die Verwaltung im Haus tägig. Sie kennt das Gebäude wie fast keine andere. Entsprechend fachkundig führte sie die Gruppe durch die ehrwürdigen Mauern in denen aktuell Oberbürgermeister Marc Buchholz (CDU) die Stadtgeschicke leitet. Er wohnt mit seiner Familie in Duisburg.

Vor gut hundert Jahren, im Jahre 1908, entschloss man sich einen Neubau für das alte Rathaus von 1842 in ganz Deutschland auszuschreiben. Mülheim wurde durch die bekannten Unternehmer Hugo Stinnes und August Thyssen immer bedeutsamer. Es kamen einige Landgemeinden zum Stadtgebiet hinzu und man plante die Ansiedlung des Kaiser-Wilhelm-Forschungsinstituts (Kohleforschung), das heutige Max-Planck-Institut. So beteiligten sich 175 Architekten mit ihren Entwürfen. Realisiert wurde der dritte Preis von Pfeifer + Großmann, mitten im Ersten Weltkrieg. 1915 war die Verwaltung bezugsfertig und im Februar 1916 auch der Ratssaal. Endlich hatte man mehr Platz. Breite Flure und große Treppenhäuser sind heute noch Zeugen der damaligen Stadtentwicklung. Die ältesten Teile aus der Ursprungszeit befinden sich hinter der Tür des Turmeingangs, roter Marmor aus Italien ziert den Eingang. Damals war das Interieur stark wilhelminisch geprägt, ergänzt durch Jugendstilelemente wie Lampen auf den Fluren, die heute noch, technisch modern umgerüstet, ihren Dienst tun.

Ist die Besuchergruppe überschaubar, so ist es möglich mit dem Aufzug auf den 60 m hohen Turm zu fahren. Hier ist die Aussicht über die Stadt bei gutem Wetter grandios, bis nach Oberhausen oder Duisburg. Man erblickt die schöne Stadthalle, die Ruhr, das historische Schloss Broich, aber auch die architektonisch ziemlich missratenen Projekte von Ruhrbania mit ihrem kuriosen Wasserwanderrastplatz. Früher scheinen die Architekten in Mülheim mehr stilistisches Geschick gehabt zu haben. Immerhin stammen u. a. die Stadthalle und der Wasserbahnhof ebenso von Pfeifer + Großmann. Die Karree-Situation mit der verbindenden Gebäudebrücke hatten die Architekten für das Rathaus damals schon geplant. Man dachte über den Tellerrand hinaus.

Das Rathaus überstand den Zweiten Weltkrieg relativ gut. Nur das Dach und die obere Etage brannten aus. So machte man sich Anfang der 1950er Jahre an den Wiederaufbau. Wilhelminische Aspekte traten überwiegend in den Hintergrund. Der Zeitgeist hielt Einzug. Besonders in der stilistisch spannenden Bücherei spürt man diesen Zeitgeist. Sie wird als solche nicht mehr genutzt, sondern für Empfänge und Feiern umfunktioniert. Das Deckengemälde mit den vier Elementen stammt von Carl Altena. Mülheimer Künstler haben sich im Rathaus vielfach verewigt, so auch Willi Deus, der zahlreiche Türen und Durchgänge künstlerisch eingefasst hat. Ebenso im puren 50er-Look besticht ein Sitzungsaal, in dem früher die Stadtverordneten essen und trinken konnten. Heute bekommen sie ihre Wasserkaraffe in den Ratssaal gebracht.

Der sicherlich wichtigste Raum im Rathaus ist der 8 m hohe Ratssaal, der im Zuge der umfangreichen Sanierungsmaßnahmen von 2008 bis 2011, für insgesamt über 50 Mio. Euro, ebenfalls neu gestaltet wurde. Das hellbraune Leder der bequemen Drehstühle und der Pulte unterstützte ein Mülheimer Lederfabrikant. Akustikelemente an Wänden und Decke wurden ergänzt. Zwei Logen, für Technik und Pressevertreter, sowie zwei Besuchertribünen befinden sich im Hintergrund. Alle sechs Wochen tagen hier die 54 Stadtverordneten mit dem OB. Zwischendurch nutzt man den Ratssaal für Präsentationen oder Ausschüsse. Die Besuchergruppe lernte hier Historisches über Mülheim. 1808 wurde man zur Stadt. Es gab zeitweilig verschiedene Schreibweisen. Zwei Nobelpreisträger brachte man hervor, Karl Ziegler (1963) und Benjamin List (2021). Seinen Namen bekam Mülheim von den Mühlen am Kirchenhügel. Einen ganz ähnlichen Bau wie das Mülheimer Rathaus gibt es übrigens in Karlsruhe, erbaut von Hermann Billung, dem akademischen Lehrer von Pfeifer + Großmann. Die dortige Oberpostdirektion hat lediglich den Turm in der Mitte eines Gebäudekarrees. Bei der letzten Sanierung hat man auch einen 6,30 m langen und sehr wuchtigen Tisch im Nebenraum vor der Kettensäge gerettet. Putin hätte seine Freude daran. Der Tisch war wurde in dem 60er Jahren von Mülheimer Wirtschaftsvertretern gestiftet. Das rote Kunstleder wurde entfernt und mit hellen Leder neu bezogen.

Schlusspunkt des sehr informativen Rundgangs war ein neuer Eingang, der wunderschön modern gestaltet wurde. Die Lichtführung ist hier ein Gedicht, sehr gelungen. Die Wand am Ende ziert das schöne Mosaik „Spiralnebel“ (1964) von Heinrich Siepmann, ein bekannter Mülheimer Künstler. Hierfür musste man nachträglich die Decke ausfräsen, da man die Höhe falsch ausgemessen hatte. Schilda gibt es auch im Mülheim.

Heute ist das Rathaus vom Platz her viel zu groß proportioniert. Teilweise fehlt auch junger Nachwuchs in den Amtsstuben. Technisch ist das Haus auf dem neusten Stand. Ein Haus, das sich sehenlassen kann, außen und innen.

Datum: 18. Februar 2023

www.muelheim-tourismus.de