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'Tag des offenen Denkmals' 2023 im Denkmalbereich Friemersheim
Der diesjährige „Tag des offenen Denkmals“ stand unter dem Thema „Talent Monument“. Manchmal steckt so viel Spannendes hinter historischen Mauern. Im Friemersheimer Dorf konnte man jede Menge Wissenswertes erfahren, inklusive musikalischer Klänge.

In Zeiten der gesellschaftlichen Verwirrung und nervösen Hektik sind ländliche Gegenden genau die richtigen Fluchtorte, um mal ordentlich durchzuatmen. Hier kann man sich Tipps für ein bescheidenes Leben fern des Alltags holen, orientiert an historischen Vorbildern.

Im Duisburger Stadtteil Rheinhausen befindet sich im Ortsteil Friemersheim ein wunderschöner Fleck mit alter Dorfsubstanz. Hier pflegt man die Geschichte sehr engagiert. Ein Heimatverein kümmert sich um die Vergangenheit bezüglich der denkmalgeschützten Bausubstanz und in Form von Veranstaltungen. Mittelpunkt des historischen Dorfes ist die evangelische Kirche von 1777. 1147 wurde ein Vorgängerbau erstmals urkundlich erwähnt. Sie wurde vor ein paar Jahren umfassend saniert, befindet sich heute in einem Topp-Zustand. Erzählen könnte diese Kirche eine Menge. Sie bekam 1804 ihre erste Orgel. Ehemals war sie für die Ortsteile Friemersheim, Rumeln und Wanheim zuständig. Für jeden Ortsteil gab es je einen Eingang. Heute ist dieses schöne Kleinod ein beliebter Ort für Hochzeiten. In der Kirche wurden sehr angenehm und entspannend schöne Töne angestimmt. Erst verzauberte Jutta Hetges, auch bekannt als Mitbegründerin des Museum St. Laurentius, auf der Gitarre die Zuhörer mit Kompositionen von Bach bis zu den Beatles, ehe die 2013 neu eingebaute neue Orgel ihr Volumen entfaltete. Alleine dafür lohnte es schon zu kommen.

Das historische Ensemble hat noch weitere alte Gemäuer zu bieten. Nebenan gibt es die „Fein-Restauration Schumachers“ von 1868 (erste Erwähnung), eine ehemalige Brauerei, die 1920 zu einem Wirtshaus wurde. Die Rheingold-Brauerei expandierte und verlagerte ihren Standort ein paar Straßen weiter. Heute sucht man einen neuen Pächter für das flächenmäßig große Objekt mitten in der Dorfidylle. In direkter Nachbarschaft findet man das Heimat- und Schulmuseum. Das alte Schulhaus stammt von 1826. Alle Klassen wurden in einem Raum unterrichtet. Es herrschte Zucht und Ordnung sowie die Prügelstrafe. Der Klassenraum und die Lehrerwohnung sind möglichst originalgetreu eingerichtet. Ja, der Lehrer wohnte damals tatsächlich in seiner Schule. Hier erlebt man, dass man für ein zufriedenes Leben weder Internet, Kaffeeautomat, Smartphone, Spielkonsole oder einen SUV vor der Tür benötigt. Ganz einfach lebte man mit vielen Bewohnern und Gästen sowie einfachsten Mittel auf engstem Raum.

Zweihundert Meter entfernt, ebenfalls direkt am Rhein-Deich, war der ehemalige Nühlenhof mit seinem Brau- und Backhaus, eingebettet in einen 1.000 qm großen Bauerngarten, zu besichtigen. Besitzer ist der Architekt Arno Gollner. Das Brau- und Backhaus wurde 1850 errichtet. Ab 1982 nahm sich Gollner diesem Projekt an. Das Gebäude sollte in Absprache mit dem Denkmalschutz erhalten werden, denn der Schwamm drohte es unwiederbringlich zu zerstören. Es war eine zeitlich lange Aufgabe. Bis auf das Fundament wurde das Brau- und Backhaus abgetragen. Es bekam eine neue Bodenplatte. Die Fachwerkelemente wurden saniert, wieder zusammengesteckt, aufgerichtet und mit den alten Backsteinen vermauert. Schließlich kam ein neues Dach darauf. Den schönen Bauerngarten mit Blumen und Obstbäumen musste man sich ebenfalls ansehen, Entspannung pur. Seine Wurzeln sollen über 200 Jahre alt sein. Auch das Hofgebäude, sein heutiges Wohnhaus, sanierte er von oben nach unten. Gegen die Nässe von unten schützt eine Edelstahl-Platte. Diese alten Häuser sind energetisch übrigens ziemlich optimal erbaut. Die Wohnräume haben zu drei Gebäudeseiten Fenster, sodass im Winter tagsüber von allen Seiten Sonne einstrahlt. Man spart heute noch die Heizung. Im Sommer schließt man notfalls die Holz-Blendladen, um die Hitze draußen zu lassen. Da können sich die heutigen Klimaexperten in den Ministerien mal eine Scheibe von abschneiden. Gutes Klima in Haus bedarf keiner teuren Fassadendämmung, die den nötigen Neubau von Wohnungen eher bremst. Das wusste man bereits im 19. Jahrhundert. Bei den Ausführungen von Arno Gollner ging man deutlich schlauer nach Hause als vorher. Er saniert nicht nur historische Gebäude im gesamten Bundesgebiet, sondern er führte auch sehr engagiert durch das gesamte Dorfensemble, eine spannende Zeitreise.

Wer noch wissen wollte, welche Familien hier einst lebten, der fand die Grabstätten auf dem uralten Parkfriedhof fünf Minuten entfernt. Hier ist der Landadel des 19. Jahrhunderts, die Steinhaus-Großterlinden oder die die Familie Schrooten, noch immer begraben.

Selbst wenn man das Dorfensemble Friemersheim schon oft gesehen hat, ging man selbst als ortskundiger Friemersheimer an diesem Tag schlauer nach Hause. Es ist ein wirklich idyllisches Fleckchen Erde mit hohem Entspannungsfaktor. Das reizvolle Rheinufer ist vor dem Deich zu Fuß übrigens nur etwa zehn Minuten entfernt und zu allen Jahreszeiten ein paar Schritte wert.

Datum: 10. September 2023

www.tag-des-offenen-denkmals.de