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Schauspiel 'Keimzellen' im Schauspiel Duisburg
Mit „Keimzellen“ von Rébecca Déraspe präsentiert das Schauspiel Duisburg ein sehr gut inszeniertes Stück, welches parallel die Themen Freundschaft und das Leben mit behinderten Kindern behandelt. Regie führte Michael Steindl.

Lou (Stefanie Winner) und Aude (Sina Ebell) sind beste Freundinnen, begegneten sich erstmals in der Kinderkrippe und gaben sich die Hand. Es war der Anfang einer langen Freundschaft. Die wilden Teenie-Jahre, Partys oder erste Ängste, man teilte sich die Probleme, lag sich gegenseitig in den Armen, wenn es einer von ihnen schlecht ging. Kurz um, echte Freundinnen hielten stets zusammen. In Zeitsprüngen werden manche der gemeinsamen Erlebnisse immer wieder hervorgeholt. So wird der Besucher fortlaufend tiefer in ihre gegenseitige Verbindung hineingezogen.

Mit 35 Jahren steht bei Aude eine große Frage im Raum. Sie und ihr Mann erwarten Nachwuchs, eigentlich eine freudige Nachricht. Jetzt offenbart das Psychogramm der beiden plötzlich Risse. Es ist ein Kind mit Trisomie 21. Für Lou steht sofort außer Frage, dass Aude es natürlich abtreiben sollte. Die jedoch schwankt, möchte es eher behalten. Die Meinungen gehen auseinander und Argumente fliegen hin und her. Es wird emotional und die Moral steht im Mittelpunkt. Ist es nicht Rassismus, ein behindertes Kind abzutreiben? Bin ich dann ein guter oder schlechter Mensch, wenn ich bei einer solchen Entscheidung nur an mein eigenes Wohl denke? Ein behindertes Kind benötigt ein Leben lang täglich Unterstützung. Als Mutter stellt man sein Leben in den Hintergrund, kann sich kaum selbst verwirklichen, in einer Welt, in der nur beruflicher Erfolg und Geld zählen. Wird man zur Hausfrau mit typischen Haushaltstätigkeiten, ein Opfer der Situation? Ist die Pflege eines behinderten Kindes wirklich eine Erfüllung mit Stolz, wenn der große Chor der Menschen eher anderer Meinung ist? Ist Geld wirklich das einzig erstrebenswerte Ziel? Väter suchen sich schnell mal eine neue Partnerin, wenn der Alltag zu sehr eingeschränkt wird. Dann steht man als alternde Frau in einer Welt, wo nur die Jugend zählt. Fragen über Fragen. Hier prallen das Ich und das schreiende Wir aufeinander. Hört man auf die Masse oder auf sein eigenes Empfinden?

Die beiden Freundinnen merken schnell, dass sie völlig anderer Meinung sind, zoffen sich. Obendrein gibt es auch noch ein dunkles Geheimnis, welches sich offenbart. Es ist ein anspruchsvoller Text mit offener Sprache, der wunderbar als hin und her fliegender Dialog dargeboten wird. Viel Bühnenbild braucht es dafür nicht. Man wird immer wieder von der Gegenwart in die Vergangenheit versetzt, sichtbar durch ein verändertes Licht oder kurze Ansagen. Schauspielerisch wird das schwierige Thema groß umgesetzt, emotional auf den Punkt. Der Ausgang ist offen.

Datum: 24. April 2024

www.theater-duisburg.de



Schauspiel 'Keimzellen' im Schauspiel Duisburg, Foto: Ole-Kristian Heyer

Schauspiel 'Keimzellen' im Schauspiel Duisburg

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