Der Kunstpalast in Düsseldorf ist nach dreijähriger Sanierung wieder fast vollständig geöffnet. Rund 800 Arbeiten aus der 130.000 Werke umfassenden Sammlung werden auf 5.000 qm wohl durchdacht, außergewöhnlich und spannend präsentiert. Gut 50 Mio. Euro hat man insgesamt investiert. Die Sammlung des Hauses, die sich aus mehreren historischen Sammlungen zusammensetzt, ist wirklich extrem vielfältig. Das erfordert einen besonderen Blick für die Objekte und wie man sie der Öffentlichkeit zugänglich machen kann. Die Konzeption der neuen Schausammlung ist richtig gut gelungen. Sie ist chronologisch, beginnend mit dem 11. Jahrhundert. Religiöse Objekte sind erste Themen. Danach folgt man weiter sehr geschickt dem Prinzip, verschiedene Gattungen und Herkünfte zusammen zu bringen. Man betont Gemeinsamkeiten. Neue Wege geht man ebenso bei der Beschriftung der Objekte. Nicht der Künstler steht oben an, sondern der Titel, denn mit den meisten Künstlern können die vielen Laien unter den BesucherInnen oft wenig anfangen. Erst dann folgen Künsterangaben, das Entstehungsjahr, die Epoche oder ob es Öl auf Leinwand ist. Es ist sehr interessant zu erleben, wie sich Malerei oder Fotografie mit immer wieder überraschenden Designobjekten inhaltlich trifft. Sogar ein VW Käfer symbolisiert mit seiner ikonischen Form eine gewisse Zeit. Parallel stehen Gemälde aus verschiedenen Jahrhunderten für gesellschaftliche Veränderungen. Auch die Körperideale lassen sich so ablesen. Verschiedene Kulturen haben andere Moden. In das ausgestellte, historische Kleid möchte wohl keine moderne Frau mehr schlüpfen. In den Gemälden ist diese Art von Mode Alltag, sozusagen der rote Faden zwischen den beiden Gattungen Mode und Malerei. Immer wieder legt man großen Wert darauf, den Bezug zu Düsseldorf zu betonen. Auf große Namen hat man nicht selten verzichtet. Gerhard Richter, Yyes Klein, die Bechers, Rubens, Böcklin, Rodin, Macke, Kirchner, Dix, Beckmann, Kandinsky, Cragg, Götz, oder Klee und andere bekannte Namen sind vertreten, aber die sichtbar inhaltlichen Bezüge stehen im Vordergrund. Jedes Werk ist gleichberechtigt. Es soll bewusst keine Dauerausstellung sein, sondern eine Schausammlung, die sich nach und nach verändert. Besonders Fotografien sind sehr lichtempfindlich, müssen nach spätestens sechs Monaten getauscht werden. Hinter jeder Ecke wartet eine neue Überraschung. Insgesamt macht die Sanierung mit ihren neuen und offenen Konzept einen sehr guten Eindruck. Zwei neue Treppen verzücken das Auge. Zahlreiche Fenster waren ewig verklebt. Nun lassen sie die Umgebung neu entdecken, Sichtachsen nach draußen freigeben. Kreative Kinderräume sind mit in den Rundgang integriert. 20 Wandfarbmuster hat das Architektur Sieber Architekten entworfen, darunter auch riesige Museumstapeten im Stil der Zeit, neben weißen Wänden. Im neu verglasten Belvedere, der Verbindung zwischen den beiden Hauptbauten, sind stilvoll verschiedene Veranstaltungen möglich. Darunter befindet sich eine hübsch gelegene Gastronomie. Es gibt eine erklärende App für die BesucherInnen und Tonies für die Kinder. Alle digitalen Infos findet man aber auch auf den jeweiligen anlogen Angaben zum Werk. Ein ganz besonderer Raum ist eine Rekonstruktion des ehemals in Düsseldorf befindlichen „Creamcheese“, einer 1967 eröffneten Künstlerkneipe, in der Imi Knoebel, Blinky Palermo oder Katharina Sieverding hinter der Theke arbeiteten. Nach der Schließung erwarb der Kunstpalast 1978 die künstlerische Innenausstattung, deren Barbereich hier nun detailliert rekonstruiert wurde. Die Theke stammt von Heinz Mack und auch Günther Uecker hat seine Finger im Spiel. Hier wurde Kunst vieler Gattungen performt und zelebriert. Die Stühle der alten „Creamcheese“-Innenausstattung findet man übrigens im Restaurant unter dem Bevedere. Es ist eine sehr gelungene Wiedergeburt der insgesamt 49 Sammlungsräume. Die Glassammlung folgt im Frühjahr 2024. Besucherzahlen sind im neuen Konzept übrigens gar nicht so wichtig. Den Machern ist es viel bedeutsamer, dass die Sammlung einen gelebten Rückhalt im Bewusstsein der Düsseldorfer Bevölkerung hat. Zur Schau ist eine klasse Publikation im Wienand Verlag erschienen. www.kunstpalast.de |