Unheimlich erfrischend präsentiert der „Spieltrieb“ im Schauspiel Duisburg die Eigenproduktion „Wurzeln“. Die jungen Leute reflektieren dabei ihre eigene Vergangenheit, ihre Gegenwart und ihre Zukunft. Sie sind alle zwischen 17 und 23 Jahren. Das Erwachsenwerden beginnt. Wie wird die eigene Zukunft aussehen, so ab 30, wenn dieser Prozess der Entpuppung der Jugend abgeschlossen sein sollte? Man merkt den Akteuren an, dass sie sich noch voll in ihrer Findungsphase befinden, das Thema richtig gut authentisch verkörpern. Wer bin ich und wo will ich hin? Die Kindheit haben sie hinter sich gelassen, aber einige Erinnerungen daran sind noch vorhanden. Wie hat alles angefangen? Die Gene und die Sozialisierung spielen eine Rolle, aber auch der eigne Weg, den man einschlagen möchte. Skepsis und Hoffnung spielen miteinander Tandem. Wie geht man mit der ungewohnten Freiheit in dieser Lebensphase um? Nutzt man sie, um prächtig zu erblühen, zu strahlen? Sie ziehen immer wieder Parallelen zur Pflanzenwelt. Ein Samen keimt, erwächst zum Spross, bis hin zu einer vielleicht herrlich blühenden Pflanze oder einem fest verankerten Baum. Genauso startet das Stück. Die Blüten tragen sie im Gesicht und fangen an darüber nachzudenken. Wünsche kommen auf. Sie träumen von Urlaub und Beziehungen, die auch mal wieder enden dürfen. Welche Familienmitglieder möchte man eigentlich freiwillig begegnen und welchen nicht? Bekannte kommen und gehen. Welche Erwartungen werden von außen gesteckt? Möchte man in eine Schublade passen? Fragen über Fragen über Fragen, die jeder für sich selbst in der Gemeinschaft beantworten muss. Das Stück ist geschickt aufgebaut. Man behandelt kurz die Kleinkindzeit, um sich danach an die behütete Zeit bei der Mutter zu erinnern. Taue bilden die Wurzeln und bilden einen Baum. Man philosophiert über das Anthropozän, die Epoche des menschlichen Wirkens auf dieser Erde, inklusive der Umweltprobleme, die die junge Generation besonders betreffen. In Gedanken werden sie zu Pinguinen und bewegen sich auch so. Es ist ein sehr erfrischender Abend mit guten Dialogen und Akteuren, die mehr als ihr Herzblut auf die Bühne bringen, nämlich jede Menge Talent und Spielfreude. Mit dabei sind Jannis Clemens, Jamie Cremerius, Lulu Feuser, Milan Aaron Höh, Katinka Edda Kreißl, Lina Marie Marschallek, Lara Meyer zu Heringdorf, Lea Strobe, Felia Weigelt und Enya Zurawski. Regie führten die TheaterpädagogInnen Jule Pichler und Steven Wind. Am Ende stellen sich noch einige Fragen. Finden sie den roten Faden des Lebens, bzw. den grünen Zweig? Funktioniert ihr Plan A und ist ein Schema F fürs Leben erstrebenswert? Datum: 29. April 2024 www.theater-duisburg.de

Schauspiel 'Wurzeln' im Schauspiel Duisburg, Foto: Sascha Kreklau nächstes Foto