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Vortrag von Dirk Steffens im Gasometer Oberhausen
Dirk Steffens war mit seinem sehr unterhaltsamen und wissenschaftlich fundierten Vortrag „Living Planet Report - Katastrophe Mensch? Wie wir die Erde verändern“ zu Gast im ausverkauften Gasometer Oberhausen. Er appellierte optimistisch zu bleiben.

Soeben erreichte sein Zug aus Berlin noch pünktlich Oberhausen. Schnell umgezogen und rauf auf die Bühne, alles vorbereiten. Dann auch noch den Gürtel für seine Anzughose vergessen. Für diesen Vortrag, den er hier erstmals hielt, umrundete er mehrmals die Erde. Kleine Missgeschicke sind nichts gegen die besonderen Erlebnisse, die er regelmäßig weltweit erlebt, im Meer, in der Wüste, einem heißen Vulkankrater oder im Eis. Dirk Steffens ist 57 Jahre alt und hat eine Menge gesehen, über 120 Länder in 30 Jahren, und zahlreiche Preise erhalten, darunter 2024 als „Optimist des Jahres“. Seine Frau Sabine führt bei seinen TV-Dokumentationen stets Regie. Auch sie war anwesend und richtete ein paar Worte ans Publikum. Zuhause sind sie für ihre beiden elf Jahre alten Söhne die Schaumeier-Eltern. Sie kann als Biologin jede Pflanze am Weg mit einem lateinischen Begriff benennen.

Für ihn ist die Erde ein Wunderwerk, das einzige, das uns Menschen lebenswürdige Bedingungen bietet. Sehr anschaulich präsentierte er die Zusammenhänge, die uns mit Tieren und Pflanzen verbinden. Unser Genom ist dem von Bananen (50%), Kohlrabi (30%) oder Schimpansen (98-99%) verwandt. Trotzdem bleiben die Menschen die einzigen bekannten Wesen, die Empathie spüren und auch so handeln können.

Wie zerbrechlich unser Planet durch unser einwirken geworden ist, verdeutlichte er an 9 Faktoren. Wasser wird zunehmend zum Problem, besonders Trinkwasser. Wir in Europa vergeuden es in der WC-Spülung. Man könnte mit wenigen Tropfen auch Wüstengebiete fruchtbar machen und die Ernährungsgrundlage vor Ort deutlich verbessern. 90% aller Flüsse sind belastet. Das Land ist ein wichtiger Faktor. Der Bodenverbrauch nimmt zu. 75% aller Böden leiden unter Degradation. Bald teilen sich zehn Milliarden Menschen 15 Milliarden Hektar der weltweiten Landfläche. Rund ein halbes Fußballfeld bleibt jedem Menschen, um zu überleben. Steffens stieg sogar auf den 325 m hohen Atto-Tower in Brasilien, um rundherum nur Regenwald zu erblicken. Die Artenvielfalt ist besonders wichtig. Pro Tag verschwinden 150 Tier- und Pflanzenarten, ohne dass wir etwas merken. Es ist das größte Artensterben seit den Dinosauriern. 60% aller wilden Tiere sind seit 1970 zahlenmäßig auf der Erde verschwunden. Noch gibt es etwa 8 Millionen Arten.

Ebenso im roten Bereich bewegen sich die Stoffkreisläufe. Ein paar Dutzend Stoffe sind für uns lebenswichtig, darunter Phosphat. Eigentlich ist dieses System im Gleichgewicht, wenn nicht die Landwirtschaft 50 Mio. Tonnen Phosphat zusätzlich ins System einbringen würde. Die Landwirtschaft ist der größer Umweltsünder weltweit. Dagegen ist die Flugreise nach Mallorca oder der Straßenverkehr deutlich weniger die Umwelt zerstörend, so Dirk Steffens. An sechs Orten kann man sogar in die Erde hinein blicken. In einem Krater sah er die brodelnd-flüssigen Grundbausteine unseres Lebens. Zwei Tage später stürzte dieser ein. Die Naturkräfte werden immer stärker als der Mensch sein. Bedenklich stimmt dabei, dass sich die Menschheit seit 1967 verdoppelt hat, von vier auf acht Milliarden.

Ein wichtiger Faktor ist das Klima. Man möchte den Begriff schon gar nicht mehr hören, so sehr strapaziert wurde er in den letzten drei Jahren. Das Eis schmilzt und bringt so den Lebensraum der Kaiserpinguine am Südpol in Gefahr. Stürzen sie als gesamte Kolonie mit einer abgebrochene Scholle ins Meer, so haben die flauschigen Jungtiere keine Überlebenschance. Sie ertrinken. Genauso anschaulich erklärte er auch den Faktor Müll. Plastik ist ein praktischer Stoff. Jeder von uns ist allerdings für eine Tonne davon verantwortlich. Wir Lebewesen haben mittlerweile alle Mikroplastik im Körper, ja sogar Nanoplastik über die Blutbahn im Gehirn. Neben der Landwirtschaft sind weltweite Mülldeponien mit die größten Umweltverschmutzer. Ihr Kohlendioxid und das Methan sind die schlimmsten Klimakiller der Menschheit, nicht die pupsenden Kühe, wie uns manche Politiker vereinfacht erzählen wollten.

Die letzten drei Faktoren liegen tatsächlich im grünen Bereich. Die Ozeane befinden sich in einem guten Zustand. Große Meeressäuger speichern riesige Mengen an Kohlendioxid. Ihre Zahl nimmt aktuell wieder zu. Wir sollten sie in Ruhe lassen und nicht in ihren Brutgebieten fischen. Die Luft hat sich deutlich verbessert. Im Ruhrgebiet ist sie sogar besser als in Hamburg. Die großen Pötte im Hafen tragen eine große Schuld an der Luftverschmutzung in der Hansestadt. Er muss es wissen, er kommt aus Hamburg. Ansonsten hat sich das Ozonloch seit dem Verbot von FCKW wieder geschlossen, tatsächlich ein großer Erfolg von Ronald Reagan und Maggie Thatcher, die dieses Verbot durchgesetzt haben.

Steffens gab einige Lösungsansätze mit auf den Weg. Viele kleine Schritte bewirken jeden Tag mehr als Verbote und zu ambitionierte Ziele. Außerdem ist die Bio-Bratwurst für die Erde gesünder als die Soja-Bratwurst, so Steffens. Für das Soja werden riesige Waldgebiete abgeholzt. PV-Anlagen können für grünen Strom sorgen, sofern man sie später auch ordentlich recyclen kann. Erst müssen die Lebensgrundlagen gesichert werden, dann floriert auch die Wirtschaft.

„Wir werden nicht aussterben.“ Da ist sich Dirk Steffens sicher. Klimaanpassung lautet unser Zauberwort, bei ihm stets ohne einen gehobenen Zeigefinger. Wenn wir 30% der Natur in Ruhe lassen, immer wieder kleine Schritte unseres Handelns verbessern, die Landwirtschaft modernisieren und optimistisch zusammenleben, wird die Menschheit noch lange existieren. „Früher war nichts besser“, so seine These, und „Es gibt mehr Lösungen als Probleme“. Festgeklebt auf der Straße lässt sich seiner Meinung nach die Welt ganz bestimmt nicht retten.

Datum: 14. Mai 2025

www.gasometer.de

Vortrag von Dirk Steffens im Gasometer Oberhausen, Foto: Dirk Böttger

Vortrag von Dirk Steffens im Gasometer Oberhausen

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